Leipziger Hausbesuche nun festes kommunales Angebot für ältere Menschen
Das seit Januar 2020 in der Stadt Leipzig durchgeführte dreijährige Modellprojekt Präventive Hausbesuche (PHB) endete im Dezember 2022. Es wurde durch das GKV-Bündnis für Gesundheit über das bundesweite Kommunale Förderprogramm gefördert, von dessen Maßnahmen besonders sozial und gesundheitlich benachteiligte Menschen profitieren sollen. Die Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit (KGC) Sachsen – Bereich Gesund im Alter – war eines von elf Mitgliedern des Qualitätszirkels. Dieser traf sich quartalsweise, um das Projekt zu unterstützen und mit weiterzuentwickeln.
Die PHB für Senior*innen wurden zu Beginn in zwei Stadtbezirken – Leipzig-Ost und -West – erprobt, bevor sie im dritten Jahr der Modellprojektphase auf das gesamte Stadtgebiet ausgeweitet wurden. Mit dem Vorhaben soll Einsamkeit vorgebeugt und die Selbstständigkeit beibehalten und verbessert werden. Weiteres Ziel ist es, die Gesunderhaltung zu unterstützen, u. a., indem Pflegebedürftigkeit vorgebeugt, die Mobilität verbessert, Stürze vermieden und Risiken vermindert werden. Mit einer Orientierungsberatung werden die älteren Menschen ab 75 Jahren zu den Schwerpunktthemen Wohnen, Alltagsaktivitäten, Pflege und Gesundheit informiert. Für weiterführende Beratungen wird in die bestehenden Hilfesysteme vermittelt.
Nach erfolgreichem Abschluss der dreijährigen Modellprojektphase hat der Stadtrat in Leipzig beschlossen, die PHB – jetzt Leipziger Hausbesuche genannt – als Regelangebot mit einer Personalstelle in der Kommune zu verankern.
Zu Rückblick und Ausblick hat Kathleen Dehner von der KGC Sachsen Carmen Kluge vom Sozialamt (Sachgebiet Offene Seniorenarbeit) Leipzig befragt.
Kathleen Dehner (KD): Was würden Sie wieder so machen? Was war hilfreich?
Carmen Kluge (CK): Um das Projekt während der Corona-Pandemie fortführen zu können, wurde statt der aufsuchenden Beratung in der Häuslichkeit die telefonische Beratung angeboten. Diese Möglichkeit wurde von den Seniorinnen und Senioren genutzt, auch wenn es nicht so vertraut und persönlich wie in einem Hausbesuch abläuft. Es war trotzdem eine hilfreiche Alternative für die Ratsuchenden und ihnen konnte in ihrer persönlichen Lebenssituation weitergeholfen werden. Das telefonische Beratungsgespräch wurde deshalb nie abgeschafft, sondern wird weiterhin als Alternative zum Hausbesuch angeboten.
Das Telefoninterview, welches 2-3 Monate nach der Beratung stattfindet, ist eine hilfreiche qualitative Methode gewesen, um die Akzeptanz und Wirksamkeit von Präventiven Hausbesuchen zu bewerten. So wurde in den Gesprächen immer wieder deutlich, dass die Seniorinnen und Senioren das Interesse der Stadt Leipzig am Wohlergehen der älteren Bevölkerung als „kümmernde Kommune“ positiv wahrnehmen. Mitgebrachte Materialien wie die Broschüre „Guter Rat für Ältere“, eine Notfalldose und der Notfallordner des Seniorenbeirates wurden dadurch bekannt sowie genutzt und bieten nun Sicherheit in Krisensituationen. Zudem gibt das Telefonat den Ratsuchenden einen weiteren Schub Motivation, noch nicht umgesetzte Empfehlungen anzugehen. Die positiven Rückmeldungen aus den Telefoninterviews haben letztendlich auch zur Verstetigung des Projektes beigetragen.
Der bundesweite digitale Fachaustausch mit neun weiteren Kommunen zur Umsetzung Präventiver Hausbesuche war eine besonders positive Maßnahme zur Netzwerkerweiterung. Der Fachaustausch hilft, eigene Projektziele realistischer zu bewerten, von den unterschiedlichen Erfahrungen anderer Kommunen zu lernen und Herausforderungen gemeinsam zu besprechen. Das Fachgespräch mit dem DIP (Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung) zeigte uns, dass eine Rücklaufquote von 3 % mit unserem Zugangsweg (Anschreiben ohne Termin) im normalen Bereich liegt.
KD: Was würden Sie mit der Erfahrung von jetzt anders machen?
CK: Die Fokussierung während des Modellprojektes auf die Stadtbezirke Ost und West war sowohl den Netzwerkpartnern als auch den Leipzigerinnen und Leipzigern schwer zu vermitteln und stellte eine Hürde für den niedrigschwelligen Zugang dar. Im Nachgang betrachtet, hätte der Rücklauf von Beginn an eine gesamtstädtische Ansprache ermöglicht. Die schrittweise Öffnung des Projektes für weitere Altersgruppen und später andere Ortsteile zeigte dagegen nur geringe Effekte.
Der sich aus geltenden Datenschutzbestimmungen resultierende Zugangsweg zu den Älteren – die aktiv einen Termin einfordern müssen – hat den Rücklauf gegenüber anderen Kommunen wahrscheinlich reduziert. Mit diesem Wissen wäre unter anderem eine andere räumliche Planung und ggf. auch ein anderer Personaleinsatz notwendig gewesen.
KD: Wie geht es ab 2023 mit den Leipziger Hausbesuchen weiter? Was wünschen Sie sich (dafür)?
CK: Die Leipziger Hausbesuche sind ein verstetigtes Angebot für das gesamte Stadtgebiet. Ich wünsche mir, dass viel mehr Leipziger Seniorinnen und Senioren das Angebot der Beratung in Anspruch nehmen. Viele Hilfsangebote und Leistungen sind nicht bekannt, der „Aha-Effekt“ setzt quasi erst im Gespräch ein. Nicht umsonst haben wir in den Beratungsgesprächen eine sehr hohe Zufriedenheit und erhalten viel Dankbarkeit am Ende des Hausbesuchs. Man lernt nie aus, auch im Alter nicht.
KD: Vielen Dank für das mutmachende Beispiel, wie es gelingen kann, GKV-Bündnis geförderte Modellprojekte in ein reguläres kommunales Angebot zu überführen.
Mit der Entscheidung, die Leipziger Hausbesuche als Regelangebot der Kommune weiterzuführen, setzt die Stadt Leipzig ein starkes Signal für die Bedarfe ihrer älteren Bürger*innen, indem hilfreiche bedarfsgerechte Maßnahmen in der Gesundheitsförderung erhalten bleiben und ausgebaut werden können.
Nähere Informationen zu den Leipziger Hausbesuchen:
im Flyer hier (PDF, 73 kB) sowie auf der Website hier
Kontakt:
Stadt Leipzig, Sozialamt, Sachgebiet Offene Seniorenarbeit
Carmen Kluge
Telefon: 0341 123-6380
E-Mail: hausbesuche@leipzig.de