Trampolin gibt Schwung und Kraft – Rückblick auf ein Modellvorhaben für Kinder aus suchtbelasteten Familien
Kinder aus suchtbelasteten Familien haben ein erhöhtes Risiko, selbst einmal suchtkrank zu werden oder andere psychische Probleme zu entwickeln, wie z. B. Angst, Depression oder ADHS. Um diese Kinder zu stärken und dieses Risiko zu mindern, entwickelten das Deutsche Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und das Deutsche Institut für Sucht- und Präventionsforschung (DISuP) an der Katholischen Hochschule NRW, Abteilung Köln, finanziert durch das Bundesministerium für Gesundheit das Projekt „Trampolin“ (www.projekt-trampolin.de). In einem Kurs mit neun Modulen lernen 8- bis 12-Jährige aus suchtbelasteten Familien Vieles über die Sucht und ihre Auswirkungen, ihre eigenen Emotionen, Verhaltensstrategien und Möglichkeiten der Hilfe.
Interview mit Dr. Olaf Rilke, Sächsische Landesstelle gegen die Suchtgefahren (SLS)
Herr Dr. Rilke, wie entstand die Idee, das Projekt „Trampolin“ nach Sachsen zu holen?
Dr. Rilke: „Trampolin – Kinder entdecken ihre Stärken“ wurde bereits 2013 als wirksames Gruppenunterstützungsprogramm für Kinder aus suchtbelasteten Familien und deren Angehörige bestätigt. Einzelne Träger boten es seitdem bereits in Sachsen an. Allerdings waren die Finanzierung und auch der Zugang zu den Kindern, die von dem Programm profitieren könnten, häufig schwierig. Daher entstand die Idee, mit dem Modellvorhaben „Trampolin in Sachsen“ eine flächendeckende Angebotsstruktur im Freistaat aufzubauen.
Wie sind Sie konkret vorgegangen?
Dr. Rilke: Bis zum Programmstart 2020 hat es einen Vorlauf von ca. zwei Jahren gebraucht, um unterstützende Partner sowie Förderprogramme zu finden und das Vorhaben anzupassen. Die Finanzierung erfolgte letztendlich als LRV-Projekt über die Landesbezogene Projektförderung des GKV-Bündnisses für Gesundheit in Sachsen.
Wir konzentrierten uns auf fünf Modellstandorte, die im Rahmen eines Interessensbekundungsverfahrens mit Hinblick auf eine gute Verteilung in Sachsen ausgewählt wurden. Auch waren wir froh, dass unterschiedliche Träger wie die Jugendhilfe und Suchtberatungsstellen vertreten sind, so dass wir verschiedene Trägerschaften als möglichen Faktor für den erfolgreichen Netzwerkaufbau und Zugang zur Zielgruppe untersuchen konnten. Ein besonderes Projektziel bestand in der Beschreibung fördernder und hemmender Faktoren für die erfolgreiche kontinuierliche Unterstützung betroffener Familien/Kinder. Begleitet wurde die Projektumsetzung von einer Steuerungsgruppe und einer externen Evaluation durch das IGES-Institut (Berlin).
Das Programm startete im Januar 2020. Schon reichlich zwei Monate später legte Corona das öffentliche Leben lange Zeit lahm. Was hieß das für das Projekt „Trampolin“?
Dr. Rilke: Unsere Auftaktveranstaltung konnte noch im Januar 2020 im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden stattfinden. Anschließend wurden alle Netzwerktreffen mit den Projektbeteiligten digital durchgeführt. Schwierig gestaltete sich die konkrete Projektumsetzung vor Ort unter Beachtung der aktuellen Corona-Schutzbestimmungen, so dass Kurse verschoben wurden und die besondere Herausforderung darin bestand, Kontakte aufrechtzuhalten und Geduld für geeignete Zeitfenster aufzubringen.
Eigentlich war das Modellprojekt bis Ende 2022 geplant, konnte jedoch noch um ein halbes Jahr verlängert werden. Nun nach dem Abschluss: Wie sind Sie mit dem Projektablauf zufrieden?
Dr. Rilke: Mit der Verlängerung konnte das Vorhaben von 21 Kursen fast vollständig umgesetzt werden. Am Ende waren es 20 Kurse für über 100 Kinder an allen 5 Standorten. Damit bin ich zunächst zufrieden. Unerfreulich ist jedoch die unsichere Perspektive einer Weiterfinanzierung dieser Unterstützungsangebote, die nachgewiesen wirksam und in der „Grünen Liste Prävention“ gelistet sind. Auch waren die Rückmeldungen der beteiligten Kinder und Eltern durchweg positiv. Hier wünschte ich mir mehr Unterstützung und nutzbare Förderprogramme für eine Regelfinanzierung.
Wie beurteilen die beteiligten Institutionen das Konzept „Trampolin“? Werden sie weiterhin Kurse anbieten?
Dr. Rilke: Die beteiligten Träger haben im Laufe des Projektes die besonderen Herausforderungen vor allem mit Blick auf die Erreichung der Zielgruppe kennengelernt. Diese Angebote benötigen großes Engagement der beteiligten Fachkräfte, aber auch die Unterstützungen der Leitungen, die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen bzw. einzuwerben. Nur mit Eigenmitteln der Träger sind diese Angebote nicht realisierbar, so dass finanzielle Unterstützungen (z. B. auf Grundlage des Präventionsgesetzes und in ähnlicher Höhe wie im Modellbetrieb) für die Aufrechterhaltung der Angebote notwendig sind.
Vielen Dank für diesen interessanten Einblick und viel Erfolg für Ihre weitere Arbeit.
Zur Person: Olaf Rilke (Dr. rer. medic.; Gesundheitswissenschaftler) ist seit 2000 Leiter der Geschäftsstelle der Sächsischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren e. V., die das Modellvorhaben „Trampolin in Sachsen“ als Träger koordiniert hat.
Kontakt
Sächsische Landesstelle gegen die Suchtgefahren e. V. | Glacisstraße 26 | 01099 Dresden
Tel.: 0351-804 5506
E-Mail: info@slsev.de
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